Dieter Balzer, Hans Kotter, Jürgen Paas, Yves Rasch, Rafael de la Rica, Babak Saed, Willi Siber, Jessi Strixner – perfekt?
05.09.2025 – 24.01.2026
back to overviewDas Streben nach Perfektion ist ein universelles menschliches Anliegen, es beschreibt den Wunsch, in allem, was wir tun, das Beste zu erreichen und Fehler sowie Unvollkommenheiten zu vermeiden. Durch beeindruckende Exponate und spannendes Begleitprogramme lädt die Ausstellung dazu ein, das eigene Verhältnis zu Perfektion zu hinterfragen. Sie zeigt die Balance zwischen dem Wunsch nach Vollkommenheit und der Akzeptanz eigener Unvollkommenheiten. „Das Streben nach Perfektion“ ist eine Einladung, die vielfältigen Aspekte dieses menschlichen Wunsches zu erkunden und neue Perspektiven auf das Streben nach Exzellenz zu gewinnen.
Dieter Balzer, *1958 Neuhofen (Pfalz), lebt in Berlin
Dieter Balzer steht in der Tradition der konkreten Kunst. Er zerschneidet MDF-Platten und konstruiert daraus streng geometrische, architektonisch anmutende Objekte für Wand und Raum. Sie heißen Horizontale, Orthogonale oder Konjunktion. Diese beklebt Dieter Balzer mit Farbfolien, die in ihrer Passgenauigkeit die Verstrebungen der MDF-Konstruktionen zwar nachbilden, diese in ihrer Farbigkeit aber konterkarieren. Das Eigenleben der Farbe hebt so die Materialität des Objekts auf und überführt den Gegenstand ins Geistige, Konkrete.
Hans Kotter, *1966 Mühldorf am Inn, lebt in Berlin
Hans Kotter ist ein Lichtkünstler. In diesem Sinne beschäftigt er sich mit den Eigenschaften des Lichts: Licht ist Bewegung, Raum und Farbe.
Seine Arbeiten zeichnen sich durch ihre Perfektion, industrielle Strenge, vermeintliche Klarheit und reduzierte Materialität aus und sind eindeutig der Minimal Art zuzuordnen. Durch das ausgeklügelte und minutiös geplante Farbspiel, die suggestive Lichtstimmung und die faszinierenden Bewegungsmuster verbindet er jedoch auch große emotionale Anziehungskraft mit der formalen Strenge. Diese Gegensätze – Schönheit und Funktionalität – verleihen seinem Werk eine spannende Dynamik.
Jürgen Paas, *1958 in Krefeld, lebt in Essen
Jürgen Paas arbeitet abstrakt. Er verwendet industriell gefertigte Materialien wie PVC-Bänder und MDF-Platten, die er zweckentfremdet und in handwerklicher Perfektion einsetzt. Er experimentiert abseits der Funktionalität mit den spezifischen Eigenschaften der Materialien und stellt die ästhetische Komponente in den Vordergrund. In diesem Aufwertungsprozess agiert er verschwenderisch mit dem Einsatz von Farbe. In seinem minimalistischen Werk arbeitet er dabei stets in einer Doppelrolle als Maler und Bildhauer.
Yves Rasch, *1979 Hamburg, lebt in Groß Schmölen (Mecklenburg)
Holz ist das ureigene Material des Bildhauers Yves Rasch, das er in einem bildhauerischen Prozess in abstrakte biomorphe Formen verwandelt, die mit der natürlichen Anziehungskraft und Unregelmäßigkeit des Materials arbeiten. Wenn der Künstler einzelne Arbeiten in das Material Bronze überführt, so erweitert er die gefundene Form und lässt daraus etwas eigenständig Neues entstehen: „Losgelöst von ihrer materialbedingten Vergänglichkeit entsteht eine Form, die sich dem Betrachter, der ihr zu nahekommt, entzieht und ihn mit seiner eigenen Spiegelung zurücklässt. Die Bronze ist in ihrer Materialität zugleich schön, verlässlicher Zeuge der Formidee und Spiegel ihrer Umwelt. In meinen Bronzen sehe ich die Essenz der Form.
Rafael de la Rica, *1980 Mao, Menorca, ES, lebt ebendort
Der Künstler malt elegante Stillleben, die in ihrer kontemplativen Stimmung eher ruhig und ereignislos wirken. Keine Fliege krabbelt herum, kein Blatt hängt herunter – nichts lenkt von den Motiven ab. „Ich möchte, dass meine Bilder keine Botschaft haben.“ Für ihn sind nur die Motive selbst von Bedeutung. Das Ziel seiner Malerei ist die meditative Reflexion, das vollständige Eintauchen in die visuelle Wirkung des Bildes. „Meine Philosophie ist östlich, meine Technik rein westlich“, fasst Rafael de la Rica zusammen.
Babak Saed, *1965 Maschhad (IRN), lebt in Bonn
Babak Saeds Thema ist Kommunikation. Er nutzt Sprache als Bildmotiv und knüpft damit an die westliche Konzeptkunst sowie die Tradition der Schriftwerbung an. Gleichzeitig spielt seine Herkunft aus dem Iran eine bedeutende Rolle: Die traditionelle islamische Kunst zeichnet sich durch kunstvolle Ornamentalisierung der Schrift aus. Lebensphilosophische und gesellschaftliche Fragestellungen visualisiert Saed dabei mit höchster sprachlicher Reduktion und ambivalenten Formulierungen – intelligent und spielerisch zugleich.
Willi Siber, *1949 in Eberhardzell-Dietenwengen (Oberschwaben), lebt ebendort
Unbedingt anfassen! Das ist der erste und nie nachlassende Impuls, den Willi Sibers abstrakte Arbeiten ausstrahlen. Schimmernde Chromlack-Oberflächen und zartfarbige, filigrane Epoxidharz-Formen sprechen den Tastsinn ganz unmittelbar an, sie geben den Werken Transzendenz und Emotionalität. Seine Stahlskulpturen, Holzobjekte und Tafelbilder, die in vielen öffentlichen Sammlungen wie der des deutschen Bundestages vertreten sind, passen in keine Deutungs-Schublade. Stets lotet Willi Siber die Grenze zwischen Materialerfahrung und -möglichkeit aus, lässt geometrische Formen ins Anthropomorphe spielen, vergrößert Mikrostrukturen zu geometrischen Mustern, verbindet Nägel zu luftigen Farbwolken und lässt tonnenschwere Stahlarbeiten ätherisch schweben.
Jessica (Jessi) Strixner, *1992 in München, lebt ebendort
Jessi Strixner scheidet und schnitzt aus Holz Kleidungsstücke – in Originalgröße und täuschend echt bemalt. Mal achtlos auf den Boden geworfen, mal auf den Haken gehängt – Kleidung ist ein Statement und verrät uns viel über seine Trägerin oder seinen Träger. Täuschend echt in Szene gesetzt, verweisen die Kleidungsstücke aber nicht nur auf ihre abwesenden Besitzer, sondern werden selbst zum ästhetischen Objekt, in dem jahrhundertealte formale Themen wie Licht und Schatten, Volumen und Farbigkeit souverän und aufregend neu verhandelt werden.