Matthias Garff, Thomas Putze – Lost and Found.
06.09.2024 – 25.01.2025
back to overviewLost and Found ist der englische Begriff für Fundbüro und genau dort scheinen Matthias Garff und Thomas Putze herumgestöbert zu haben. Aus Verlorengegangenem oder achtlos Weggeworfenem machen die beiden Junk Art Künstler Kunst. Beide betreiben vorbildliches Recycling, ja sogar Upcycling – heraus gekommen ist eine wilde Schar von Tieren: Vögel, Insekten, Amphibien und Säugetiere bevölkern die Galerie – obgleich beide Künstler einen ähnlichen Ansatz verfolgen, fallen ihre Werke sehr unterschiedlich aus.
Matthias Garff, geb. 1986, sieht die Welt mit einem ganz besonderen Blick. Seine ornithologisch stets genau bestimmbaren Skulpturen-Vögel scheinen sich die Welt des Menschen angeeignet zu haben. Nicht sie werden vom Menschen aus ihren Lebensräumen gedrängt. Nein, sie haben die Menschenwelt übernommen und bestehen ganz aus Fundstücken der Industriegesellschaft.
In großformatigen Sammlungskästen präsentiert Matthias Garff Insektenarten, die nicht etwa im Anthropozän untergegangen sind. Nein! Seine Käfer, Motten, Falter und Libellen haben sich perfekt angepasst.
Der Stuttgarter Künstler Thomas Putze, geb. 1968, findet nicht nur industriell gefertigte Zivilisationsreste, sondern auch Holzabfälle: abgeschnittene Äste, herausgebrochene Fensterrahmen, Zaunpfosten und dergleichen. In Ihnen sieht er versteckt einen Frosch oder Vogel lauern und holt sie holzbildhauerisch heraus. Neben der skulpturalen Arbeit interessiert sich der Künstler für die Materialgegensätze, die er lustvoll miteinander kombiniert. Es entstehen Mischwesen aus Holz und Zivilisationsabfällen. Hals über Kopf stürzen sich Thomas Putzes Figurenerfindungen ins Leben. Selbstbewusst stellen sie sich ihrem Schicksal entgegen, behaupten sich und lassen offen, ob die vermeintlichen Ersatzteile ein Handikap oder ein Hilfsmittel darstellen.
Thomas Putzes Blick ist dabei auf das Tier und den Menschen gleichermaßen gerichtet, deren Verletzlichkeit er genauso sichtbar macht, wie den Willen und den Kampfgeist, mit denen jede Kreatur den Ansprüchen und Erwartungen des Lebens gerecht zu werden versucht.
Matthias Garff und Thomas Putze interessiert das Verhältnis des Menschen zur Natur. Mit Witz und Poesie, ohne erhobenen Zeigefinger reißen sie Themen wie Artensterben und Umweltverschmutzung an. Auch Konsumkritik mag man hier lesen. Der unbändige Optimismus, der den Garff’schen und Putz’schen Tieren eigen ist, speist sich genau aus dieser positiven Reaktion auf die moderne Welt.
Sowohl Garffs als auch Putzes Arbeiten wurden bereits in zahlreichen Museums- und Kunstvereinsausstellungen gezeigt und sind in namhaften Sammlungen vertreten.
Derzeit touren 50 Garff’sche Tiere unter dem Titel Tönende Tiere (die Tierstimmen stammen von dem Biologen und DJ Dominik Eulberg) durch die Kunst- und Naturkundemuseen der Republik (noch bis 9.9. im Naturkundemuseum Stuttgart).
Lost and Found
Dear friends of art, dear Matthias Garff, dear Dr Michels,
I would like to welcome you to the opening of our LOST AND FOUND exhibition with works by Matthias Garff and Thomas Putze.
Thomas Putze is unfortunately unable to attend today, so I am all the more delighted that you, dear Matthias Garff, are here with us for the second time to present your very special works of art.
I would like to extend a very warm welcome to art historian Dr Karen Michels. She will introduce us to the exhibition today.
Dr Michels founded the KUNSTVERSTAND agency and has set herself the goal of making the beauty, fascination and ideas of art accessible not only to the people of Hamburg.
LOST AND FOUND is the name of a lost property office
It describes the way the two artists work very well. They make art out of things that have been lost, thrown away or forgotten. They find the shapes and colours for their sculptures in discarded objects - be it a telephone
- be it a telephone with a dialling disc,
- an old suitcase,
- a dented tin canister
- or formwork timber from the building site.
Matthias Garff SEES the frog in the telephone.
Thomas Putze KNOWS that he only has to cut away very little of the shuttering board to reveal the elephant inside.
For me, there is a deeper meaning hidden in this way of working:
The artists teach us how to see. They teach us that even the small, seemingly insignificant things are full of beauty.
They bring to life the memories that we associate with a telephone or a leather case.
They make us realise that life is fleeting. A cycle: objects are first new, then used, then useless and old.
And suddenly they become part of something new again. Artists take old things and turn them into their own thing - a work for reflection.
In addition to this SENSE, I love the humour and tenderness with which both artists look at the world.
And I like the optimism that these animals spread. They are not perfect and have to make do with some makeshift and spare parts. But it works, with creativity and a little confidence.
In addition to these philosophical thoughts, the art of Matthias Garff and Thomas Putze naturally has much more to offer.
I will now hand over to Dr Michels, who will share her ART CONCEPT with us.
Volkmar Wywiol, Hamburg, 05.09.24